Nie den Lebensmut verlieren

Nachdenkliche Gesichter, während Wolfgang Bosbach (stehend) von seiner Erkrankung berichtet (v.l.): Michael Bührke, Gaby Marbach, Dr. Marc Theisen und Sabine Vogt. (Foto: Carsten Richter)

, Förderverein Palliativmedizin Raphaelsklinik e.V., Münster

Wer Wolfgang Bosbach bei seinem Besuch in der Alexianer Waschküche zuhört, vergisst schnell, dass die Veranstaltung aus der Reihe „Lebensgespräche“ des Fördervereins Palliativmedizin Raphaelsklinik einen ernsten Hintergrund hat. Der ehemalige Spitzenpolitiker ist an Prostatakrebs erkrankt, wegen zahlreicher Metastasen im Körper schließen seine Ärzte eine Heilung aus. „Der Krebs ist mein Feind und ich möchte ihm das Leben so schwer machen, wie möglich“ erklärt der 67-Jährige.

Während seiner aktiven Zeit als stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion der Union und danach als Vorsitzender des Innenausschusses des Deutschen Bundestags hat Bosbach ein Arbeitspensum absolviert, das kaum noch Zeit zum Nachdenken ließ, zum Beispiel über das Thema Vorsorge: „Ein Urologe hatte für mich was mit Uhren zu tun“, wie er schmunzelnd bemerkt. Das hat sich schlagartig geändert, als der gebürtige Gladbacher eine Grippe ignoriert und sich weiter im Wahlkampf für seine Partei engagiert hat. Als Folge entzündete sich der Herzmuskel, die Herzleistung sank auf 19 Prozent und ein Herzschrittmacher wurde unumgänglich. „Als der Schrittmacher gewechselt wurde, entdeckten die Ärzte in meinem Blut einen erhöhten PSA-Wert, so wurde der Prostatakrebs eher durch Zufall entdeckt“, erinnert sich Bosbach. „Der Arzt sagte mir, dass ich mir keine Sorgen machen solle. Wenn mir ein Arzt das sagt, mache ich mir erst recht sorgen!“ erklärt Wolfgang Bosbach unter dem Gelächter der Zuhörer. Viele unter den Besuchern der Veranstaltung wissen, wovon der Prominente auf der Bühne spricht und fühlen sich an solchen Stellen vermutlich eng mit ihm verbunden. Später wurde eine Metastase in seiner Lunge entdeckt, ein Lungenlappen musste entfernt werden, „Ich sage Ihnen eins, lassen Sie’s bleiben, wenn’s nicht unbedingt sein muss!“ war sein humorvoller Rat an die Zuhörer.

Aktuell ginge es ihm den Umständen entsprechend gut, erklärt Bosbach, nur die ständige Müdigkeit mache ihm, der immer unter Hochdruck gearbeitet habe, zu schaffen. „Diese als Fatique bezeichnete Müdigkeit ist bei Krebspatienten ein sehr großes Problem“, erklärt Simone Vogt, die in der Raphaelsklinik als Fachkrankenschwester für die Pflege in der Onkologie arbeitet und mit Bosbach auf dem Podium in der Alexianer Waschküche sitzt. Gegen Schmerzen könne man schon sehr viel machen, gegen die chronische Müdigkeit leider nicht, „die Menschen wachen morgens auf und sind müde. Das Gefühl, ausgeschlafen zu sein, haben diese Patienten nicht mehr. Das ist sehr belastend“, erklärt die Expertin. Trotz der Fatique absolviert Wolfgang Bosbach noch immer ein Arbeitspensum, an dem viele gesunde Menschen scheitern würden, „Es würde mir nicht besser gehen, wenn ich zuhause sitzen und grübeln würde“, ist er sich sicher. Außerdem könne man mit dieser Haltung anderen Betroffenen Mut machen, erklärt der prominente Gesprächspartner.
Kurzweilig berichtet Bosbach von Nachtschwestern, die ihm mit ihrer Hartnäckigkeit das Leben gerettet haben, vom Lebensmut, den man nie verlieren sollte und von seinem Glauben: „Du kannst nie tiefer fallen, als in Gottes Hand“.

Ehrenamtlich engagiert er sich für die Organisation „Hits für Hospiz“, die vermutlich auch dank seiner Überzeugungskraft in zehn Jahren eine Million Euro für die Hospizarbeit gesammelt hat. „Es ist eigentlich ein Unding, dass es in einem Land wie Deutschland Vereine geben muss, die für die würdige Versorgung von Menschen an ihrem Lebensende Geld sammeln müssen“, bemängelt der Palliativmediziner Dr. Marc Theisen, der ebenfalls an dem Podiumsgespräch teilnimmt. Dem stimmt auch die Vorsitzende des Fördervereins und Organisatorin der Reihe „Lebensgespräche“, Gaby Marbach, bei. „Der Förderverein sorgt unter anderem dafür, dass es frische Blumen auf dem Zimmer gibt, dass ein gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer oder auch ein Klavier für eine wohnliche Atmosphäre sorgen“, erklärt Marbach. Moderiert wurde die Veranstaltung vom Pressesprecher der Raphaelsklinik, Michael Bührke.