Schwesterliebe

Vor über 200 Jahren pflegte ein Schwesternorden die Kranken der Stadt Münster. Das Engagement der Clemensschwestern trägt die Raphaelsklinik bis heute. Ein Blick in die Geschichte unserer Klinik.

Bereits im Jahr 1820 pflegten die Barmherzigen Schwestern im benachbarten Clemenshospital kranke und hilfsbedürftige Menschen. In Münster sprach man daher bald von den „Clemensschwestern“, die im Auftrag der Armenkommission der Stadt Gutes taten. Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte die Genossenschaft der Barmherzigen Schwestern zahlreiche Grundstücke zwischen Loer- und Klosterstraße auf dem Gelände des ehemaligen Kasernements. Ziel war der Bau eines eigenen Krankenhauses. Nach zweijähriger Bauzeit und einer Gesamtinvestition von über zwei Millionen Reichsmark wurde am 8. Juli 1908 die Raphaelsklink in der Klosterstraße 75 eröffnet. Es war das modernste Krankenhaus der Stadt.

Zur Ehre Gottes, zum Heile der leidenden Menschheit, zur Freude der Ärzte und Schwestern, zur Zierde der Stadt Münster.

Bernhard Wilking, geboren 1874, geistlicher Direktor der Ordensfamilie der Clemensschwestern

Im Sommer 1908 sorgte der Augenarzt Dr. Plange für die erste medizinische Sensation: Er transplantierte einem Patienten mit Verätzungen im Auge ein Stück Hornhaut vom gesunden Auge und konnte so dessen Sehkraft erhalten. Es war weltweit die erste erfolgreiche Hornhauttransplantation. Im Juni 1912 machte sich der Chirurg Prof. Ramstedt einen Namen in der Medizingeschichte: Sein Verfahren zur Behebung der verbreiteten Magenausgangsverengung bei Säuglingen ist unter dem Namen „Ramstedt-​Weber-Operation“ zum medizinischen Standard geworden.

Nach dem Ersten Weltkrieg weiteten die Schwestern ihren Dienst aus: Zur Arbeit im Krankenhaus und in der ambulanten Pflege kamen Dienste in Kindererholungsheimen, Altenheimen, Waisenhäusern und Kindergärten hinzu. Durch geschickte Grundstückskäufe entlang der heutigen Windthorststraße war es möglich, einen Klinikerweiterungsbau zu beginnen. Für die benötigte Bettenzahl reichte die Fläche bei der üblichen Geschosszahl allerdings nicht aus, also musste sechsgeschossig in die Höhe gebaut werden. So erfolgte am 3. Dezember 1928 der Spatenstich zum Bau des ersten Hochhauses in Münster, das mit seinem charakteristischen Kupferdach bis heute das Stadtbild der Domstadt prägt.

Im festen Willen, die Klinik rasch wieder aufzubauen, erklommen die Ordensschwestern die Schuttberge, sammelten die alten Steine der Kriegsruinen auf und befreiten sie von Dreck und Mörtelresten.

Während des Zweiten Weltkriegs erlitten die Raphaelsklinik und das benachbarte Mutterhaus der Barmherzigen Schwestern durch die Bombardierungen schwere Schäden. Mehr als 50 Schwestern verloren ihr Leben, darunter die komplette Ordensleitung, die sich zur Zeit des Angriffs auf einer Tagung im Mutterhaus befand. Im festen Willen, die Klinik rasch wieder aufzubauen, erklommen die Ordensschwestern nach Kriegsende die Schuttberge, sammelten die alten Steine der Kriegsruinen auf und befreiten sie von Dreck und Mörtelresten.

Mitte der 1960er-Jahre fassten die Barmherzigen Schwestern den Entschluss, die Innenstadtlage aus Platzgründen aufzugeben. Doch die Neubaupläne für den Norden Münsters waren nicht realisierbar und wurden Anfang der 1980er-Jahre schließlich aufgegeben. Im Jahr 1996 wurde die Raphaelsklinik „Akademisches Lehrkrankenhaus der Westfälischen Wilhelms-Universität“ – eine Kooperation, die bis heute Bestand hat. In den folgenden Jahren kamen zwei Ambulanzzentren, der neue Haupteingang an der Loerstraße, eine Zentrale Interdisziplinäre Ambulanz und zahlreiche weitere bauliche Innovationen hinzu.

Auch wenn heute nur noch wenige von ihnen aktiv im Krankenhaus tätig sind, wirken die Ideale der Clemensschwestern in der Arbeit unserer Klinik fort. Im Jahr 2015/2016 wurde ein weiteres Kapitel in der Klinikgeschichte aufgeschlagen: der Zusammenschluss mit den Alexianern. Beide Orden verbindet die Hinwendung zum Menschen ungeachtet seiner sozialen Herkunft, Weltanschauung oder religiösen Überzeugung. Beide widmen ihre Fürsorge den Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben.


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