Vortrag "Ethik in der Medizin"

, Raphaelsklinik, Münster

Mit zunehmendem Fortschritt in der Medizin stellt sich immer häufiger die Frage, ob das technisch Machbare auch immer dem Interesse des Patienten entspricht. Bei solchen schwerwiegenden Entscheidungen spielt die Ethik in der Medizin eine zentrale Rolle „und dies nicht nur bei Ärzten und Pflegepersonal sondern bei allen, die im Krankenhaus für das Wohl der Patienten arbeiten also auch im Bereich Verwaltung und Management“, wie der ärztliche Direktor der Raphaelsklinik, Prof. Dr. Claus Spieker, bei der Begrüßung feststellt.

Um dieses wichtige Thema kompetent zu hinterfragen und zu diskutieren, hat die Krankenhausträgergesellschaft Misericordia GmbH in der Raphaelsklinik einen Informationsabend mit hochkarätiger Besetzung veranstaltet. Der CDU-Europaparlamentsabgeordnete Dr. Peter Liese und der Klinikpfarrer der Universitätsklinik Münster, Prof. Dr. Gerd Fasselt verstanden es, die Zuhörer trotz der tiefgründigen und komplizierten Thematik des Abends zu fesseln.

Liese, der seit fünf Jahren den Vorsitz der Arbeitsgruppe Bioethik im Europaparlament hat, sprach zum Thema Gen- und Biotechnologie. Die Meinungen zu diesem Reizthema gehen nach Meinung des Mediziners in der Gesellschaft weit auseinander, die einen verteufeln jede Anwendung dieser Technologien, die anderen halten sie für die Lösung aller Probleme, beides hält er für falsch. Als Positivbeispiel nennt Liese die Produktion von Insulin durch gentechnisch veränderte Bakterien, wie sie hierzulande seit vielen Jahren praktiziert wird und auf deren Gebiet Deutschland weltweit führend ist.

Eindeutig ablehnend steht er hingegen der Forschung an Embryonen oder dem Klonen von Menschen gegenüber. Seiner Meinung nach hört die Menschenwürde nicht beim Embryo auf. So hat Liese gemeinsam mit anderen Parlamentariern dafür gesorgt, dass es keine europäischen Fördergelder für Klonexperimente am Menschen gibt. Durch die zunehmende Zahl an Fruchtwasseruntersuchungen komme es laut Liese immer häufiger zu medizinisch begründeten Schwangerschaftsabbrüchen, selbst bei Behinderungen, die heutzutage nach der Geburt durch Operationen behoben werden können.  Auch hier sieht der Politiker dringenden Handlungsbedarf. So dürfe es nicht sein, dass sich Eltern dafür rechtfertigen müssen, wenn sie sich für die Geburt eines behinderten Kindes entscheiden. Eines ist für den Experten allerdings klar: wo die Menschenwürde beginnt und wo sie endet, können und dürfen Wissenschaftler nicht alleine entscheiden.

In seinem Beitrag machte auch Prof. Dr. Gerd Fasselt klar, dass er keine endgültigen und konkreten Antworten auf die ethischen Fragen der modernen Medizin geben kann. Doch für den Theologen steht fest, dass der Mensch von der Befruchtung der Eizelle bis zum Tod ein Recht auf Leben hat. Weder Krankheiten noch Behinderungen können nach seiner Meinung dieses Recht einschränken und niemand habe die Erlaubnis, einem anderen das Lebensrecht abzuerkennen. Er lehnt es ab, das Leben als unmenschlich zu betrachten, wenn der Mensch nicht mehr über sich selbst bestimmen kann. „Es gibt kein menschenunwürdiges Leben, wohl aber einen menschenunwürdigen Umgang mit dem Leben.“ Eine Ursache für die Diskussionen in der Gesellschaft über Fragen der Sterbehilfe sieht Fasselt in der schwindenden Bereitschaft vieler Menschen, ein schweres Schicksal anzunehmen. „Die Humanität einer Gesellschaft zeigt sich nicht an ihrer Fähigkeit, Krankheiten zu bekämpfen als vielmehr an ihrer Möglichkeit, Krankheiten zu tragen“ schließt der Klinikpfarrer seinen Vortrag.

Im Schlusswort weist der Geschäftsführer der Misericordia GmbH, Gregor Hellmons darauf hin, dass „in den Krankenhäusern unserer Einrichtung ein Wertebild geschaffen und transportiert werden muss, das dem ethischen Bild des Menschen gerecht wird.“